Nein, PMT führt nicht zu einer Beweislastumkehr. Das PMT-Verfahren unterscheidet sich nicht von anderen Verwaltungsverfahren – auch nicht in Bezug auf die Beweislast.
Den Beweis, dass die Voraussetzung für PMT-Massnahmen erfüllt sind, muss fedpol erbringen. Aus der Begründung der Verfügung muss schlüssig hervorgehen, dass von einer Person eine terroristische Gefahr ausgeht. Diese kann dazu vorgängig Stellung nehmen, wenn nicht gerade Gefahr im Verzug ist.
Wenn die betroffene Person mit den angeordneten PMT-Massnahmen nicht einverstanden ist, kann sie diese beim Bundesverwaltungsgericht anfechten. Dabei kann er oder sie zum Beispiel argumentieren, fedpol gehe von falschen Tatsachen aus oder schätze etwas falsch ein. Die betroffene Person muss aber in keinem Fall beweisen, dass sie ungefährlich ist.
- Kritik ist in einer offenen Gesellschaft immer berechtigt. Unter Professoren gibt es stets auch unterschiedliche Meinungen. Hunderte Schweizer Rechtsexpertinnen und Rechtsexperten haben den Brief nicht unterzeichnet.
- Es ist die Aufgabe von Experten, zu hinterfragen und zu kritisieren. Bund und Kantone haben gemäss Verfassung die Aufgabe, für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen. Dazu leistet die PMT-Vorlage einen wichtigen und ausgewogenen Beitrag.
- Ein renommierter Rechtsexperte hat im Auftrag von Bund und Kantonen den Hausarrest unter die Lupe genommen. Er ist zum Schluss gekommen, dass die schärfste PMT-Massnahme EMRK-konform angewendet werden kann, wenn Ausnahmen gewährt werden. Aber selbst wenn keine Lockerungen gewährt werden können, ist der Hausarrest nach Meinung von Bundesrat und Parlament mit der EMRK vereinbar.
- Botschaft und Entwurf des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) wurden vom Gesamtbundesrat verabschiedet. Bei der Erarbeitung des Entwurfs wurden alle Stellungnahmen aus der Verwaltung berücksichtigt, auch jene der Direktion für Völkerrecht. National- und Ständerat haben das Gesetz, so wie es dem Stimmvolk vorgelegt wird, mit deutlicher Mehrheit angenommen.
- Bundesrat und Parlament wollen die Bevölkerung besser vor terroristischen Anschlägen schützen. Dafür muss die Polizei eingreifen können, bevor es zu spät ist. Es braucht in bestimmten Fällen präventive Instrumente wie zum Beispiel Kontakt- oder Ausreiseverbote oder im äussersten Fall auch einen Hausarrest, um eine radikalisierte Person von terroristischen Straftaten abzuhalten. Solche Instrumente sind heute in den Kantonen nicht oder jedenfalls nicht ausreichend vorhanden. Wenn alle vorhandenen kantonalen Massnahmen ausgeschöpft sind und die Terrorgefahr damit nicht abgewendet werden kann, sollen die Kantone künftig bei fedpol PMT-Massnahmen beantragen können.
- Das Strafrecht ist keine Alternative zu PMT. Das Ziel des Strafrechts ist es, Personen für begangene Straftaten zu bestrafen. Mit PMT sollen Personen aber davon abgehalten werden, überhaupt erst eine terroristische Straftat zu begehen. Das Strafrecht greift erst, wenn jemand einen terroristischen Angriff konkret vorbereitet oder eine terroristische Straftat begangen, also bereits Propaganda verbreitet oder bei einem Anschlag Menschen verletzt und getötet hat. Für terroristische Attacken mit Alltagsgegenständen wie Fahrzeugen oder Messern braucht es aber praktisch keine Vorbereitung oder Unterstützung, umso wichtiger sind präventive Massnahmen.
- Terrorismus ist eine reale Bedrohung in der Schweiz. Einige Beispiele:
- - 2020 kam es in der Schweiz (Morges, Lugano) zu zwei Messerattacken mit mutmasslich terroristischem Hintergrund.
- - Im November 2020 verübt ein Dschihadist einen Anschlag in Wien. Der Attentäter hatte im Sommer direkten Kontakt zu zwei Schweizern, gegen welche die Bundesanwaltschaft aktuell ermittelt.
- - Bei der Bundesanwaltschaft sind zurzeit 80 Strafverfahren im Bereich des dschihadistisch motivierten Terrorismus hängig.
- - Der Nachrichtendienst des Bundes schätzt die terroristische Bedrohung nach wie vor als erhöht ein.
- - Seit 2015 wurden in der Schweiz zahlreiche Personen wegen Terrorismus verurteilt.
- Ja. Für die neuen präventiv-polizeilichen Massnahmen gelten alle rechtsstaatlichen Garantien und Verfahrensvorschriften. Die Massnahmen müssen immer verhältnismässig sein. Jede Massnahme kann beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Im Fall des sogenannten Hausarrests muss sogar ein Gericht zustimmen.
- Im Auftrag von Bund und Kantonen hat Andreas Donatsch, emeritierter Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht, die Vereinbarkeit des Hausarrests mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geprüft. In seinem Gutachten vom April 2019 ist er zum Schluss gekommen, dass die Massnahme EMRK-konform angewendet werden kann, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden.
- Dies ist einmal dann der Fall, wenn der Vollzug des Hausarrests gelockert ist und genügend Ausnahmen gewährt werden, die Kontakte zur Aussenwelt und ein soziales Leben ermöglichen. Dann kann es sich um eine blosse Freiheitsbeschränkung handeln, für die weniger strenge Voraussetzungen gelten. Im Gesetz findet sich ausdrücklich die Möglichkeit, dass Ausnahmen vom Hausarrest gewährt werden können. Ein Betroffener oder eine Betroffene hat damit die Möglichkeit, eine Ausbildung fortzusetzen oder an einem Fussballtraining, an der Hochzeit des Bruders oder am Elternabend des Kindes teilzunehmen.
- Oft werden beim Vollzug des Hausarrests solche Lockerungen aber nicht möglich sein. Das bedeutet, dass es sich um einen Freiheitsentzug handelt. Ein solcher ist nach der EMRK dann rechtmässig, wenn er der Durchsetzung einer gesetzlichen Pflicht dient. Das Gesetz übernimmt diese Voraussetzung: Die Eingrenzung auf eine Liegenschaft darf nur dann angeordnet werden, wenn eine Person gegen mildere PMT-Massnahmen verstossen hat. Der Hausarrest muss also notwendig sein, um die milderen Massnahmen durchzusetzen. Damit ist er gemäss EMRK rechtmässig.
- Das Recht, in der Demokratie Veränderungen zu fordern und zu erkämpfen, wird durch PMT nicht eingeschränkt. Im Gegenteil: Präventiv-polizeiliche Massnahmen schützen gerade jene gesellschaftliche und rechtliche Grundordnung, in der sich die freie Meinungsäusserung überhaupt erst entfalten kann.
- Das steht ausdrücklich im Zweckartikel des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS), zu welchem die PMT-Massnahmen gehören: "Dieses Gesetz dient der Sicherung der demokratischen und rechtsstaatlichen Grund-lagen der Schweiz sowie dem Schutz der Freiheitsrechte ihrer Bevölkerung." Diesem Zweck ist jede Behörde und jedes Gericht unterworfen. Jede Einschränkung von Freiheitsrechten, die einem anderen Zweck als diesem dient, stellt einen Verstoss gegen das Gesetz selber dar.
- Mit den PMT-Massnahmen soll also die freiheitliche, rechtsstaatliche, demokratische Grundordnung der Schweiz vor Terrorismus geschützt werden. Zu dieser Grundordnung gehören beispielsweise die Gleichheit der Menschen, die Menschenwürde, die Meinungsäusserungsfreiheit oder die politischen Rechte. Wer diese Grundordnung mit terroristischen Aktivitäten, also mit schweren Straftaten oder der Verbreitung von Furcht und Schrecken umstürzen will, ist ein terroristischer Gefährder.
- PMT-Massnahmen können nur gegen terroristische Gefährder angeordnet werden. Und es braucht konkrete und aktuelle Anhaltspunkte, dass jemand eine terroristische Aktivität verüben wird. Fedpol schätzt, dass PMT-Massnahmen in wenigen Dutzend Fällen pro Jahr angeordnet werden.
- PMT respektiert und schützt die Rechte von Kindern und Jugendlichen. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass Massnahmen des Kinderschutzes in jedem Fall Vorrang haben. Nur wenn eine terroristische Gefahr nicht anders abgewendet werden kann, dürfen Massnahmen wie Kontaktverbote oder Ausreiseverbote verfügt werden. Unter diesen Umständen sind Massnahmen auch gegen Kinder zulässig.
- Erkenntnisse verschiedener europäischer Sicherheitsbehörden zeigen, dass terroristische Propaganda speziell auch auf Kinder und Jugendliche abzielt und ihre Wirkung entfaltet. Kinder und besonders Pubertierende sind je nach Lebenssituation besonders empfänglich für radikale Ideologien.
- 2016 stach eine 15-jährige IS-Sympathisantin bei einer Polizeikontrolle im Bahnhof von Hannover einem Polizisten mit einem Messer in den Hals. Die jüngsten Dschihad-Reisenden waren 15 und 16 Jahre alt, als sie die Schweiz verliessen. Eine Schweizer Anti-Terroroperation im Jahr 2019 richtete sich gegen sechs junge Erwachsene und fünf noch nicht volljährige Jugendliche.
- Die gewählten Altersgrenzen sind nicht zufällig, sie fügen sich in das bereits geltende Recht ein. In der Schweiz ist ein Kind von 10 Jahren strafmündig. Ab 15 Jahren können freiheitsentziehende Massnahmen nach Jugendstrafrecht ausgesprochen werden. Dem entspricht die Altersgrenze von 15 Jahren für den Hausarrest.
- Die präventive Wirkung der polizeilichen Massnahmen ist bei Kindern und Jugendlichen besonders wichtig. Können sie der terroristischen Propaganda entzogen, von radikalisierten Kreisen ferngehalten und damit letztlich von einer terroristischen Straftat abgehalten werden, sind sie auch vor den enormen negativen Auswirkungen einer terroristischen Straftat auf ihren gesamten weiteren Lebenslauf bewahrt.
Letzte Änderung 03.05.2021