Hausgemachte Probleme nicht auf Zuwanderung abschieben

Bern, 22.10.2013 - Über demographische Entwicklungen und die Rolle, welche dabei die Zuwanderung spielt, wird seit einiger Zeit heftig debattiert. Die Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen hatte für ihre Jahrestagung vom Dienstag nationale und international anerkannte Sachverständige nach Bern geladen, um Zusammenhänge aufzuzeigen und die Herausforderungen zu diskutieren.

Überaltertes Europa, sinkende Fertilität, Migrationsströme aus Afrika, Festung Europa, überfüllte Züge, unbezahlbare Wohnungen, Dichtestress und Zersiedelung: Ein paar wenige Stichworte, die man hört, wenn über demographische Entwicklungen gesprochen wird. Die Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen EKM setzte sich zum Ziel, an ihrer Jahrestagung vom 22. Oktober in Bern die Bedeutung der Migration in diesen Debatten genauer zu untersuchen. Im Fokus standen die demographischen Entwicklungen global und national sowie die Auswirkungen auf Raumplanung, Infrastruktur und Umwelt.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies in ihrem Eröffnungsreferat darauf hin, dass Vielfalt schon immer eine Stärke der Schweiz gewesen sei: «Die Zuwanderung ist Teil dieser Vielfalt und somit Teil der Schweiz. Das heisst nicht, dass wir Probleme totschweigen sollen. Die meisten Probleme, die im Zusammenhang mit der Zuwanderung genannt werden, sind allerdings hausgemacht.» David Coleman, Professor für Demographie in Oxford zeigt die globalen Trends auf. Er betonte, dass nicht nur die Tatsache zähle, dass Menschen immer älter werden, wichtiger sei die Frage, wie die Menschen im hohen Alter ihre Gesundheit erhalten könnten. Dank Zuwanderung können – zumindest mittelfristig, darin sich eigentlich alle einig – Probleme der Überalterung abgefedert werden. François Héran, ehemaliger Direktor des französischen Instituts für Demographie, zeigte auf, dass die Bevölkerungszunahme in Frankreich (1960-2004) zu 37 Prozent auf Zuwanderung, zu 35 Prozent auf den Babyboom und zu 28 Prozent auf die längere Lebenserwartung zurückzuführen ist.

Rainer Münz von der Forschungsabteilung bei der Erste Group Bank in Wien sprach von Gewinnern und Verlierern: In der Schweiz gebe es zwar attraktive Regionen, die Zuwanderer anziehen, gleichzeitig würden andere Gebiete «schrumpfen», da sie peripher und/oder wirtschaftlich schwächer seien. Die Raumplanung war das Thema des Vortrags von Martin Schuler, EPFL Lausanne. Er sagt, dass die Raumplanung nicht «schuld» an der falschen Siedlungsentwicklung sei, diese jedoch mitbedingt habe. Schliesslich bestätigte Christian Ferres vom Verkehrsplanungsbüro Metro die Beobachtung von Bundesrätin Sommaruga im Bereich Raum- und Verkehrsplanung: «Der Rückblick auf die vergangenen 15-20 Jahre zeigt, dass zwei Drittel der Veränderung hausgemacht sind. Lediglich ein Drittel der Veränderung kann auf die Zuwanderung zurückgeführt werden.» Deshalb warnt François Héran vor dem Fehlschluss, dass durch Begrenzung der Zuwanderung die Umweltprobleme gelöst würden.

Die EKM bietet zum Thema Demographie und Migration auch eine neue Nummer ihrer Zeitschrift «terra cognita» sowie eine Literaturstudie an.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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